Warum wir den Weg zur Arbeit auf dem Rad verbringen sollten

Wir sitzen zu viel. Morgens im Auto. Mittags im Büro. Abends auf der Couch. Auf Dauer hat das gesundheitliche Folgen. Der Weg zum Arbeitsplatz lässt sich hervorragend nutzen, um dem Dauersitzen ein Ende zu bereiten: mit Radfahren! Dr. Fabian Tomschi erklärt, warum es sich lohnt, aufs Fahrrad zu steigen. Selbst wenn du auf kurzen Strecken in die Pedale trittst, hat das erstaunlich positive Auswirkungen auf deinen Körper, sagt der promovierte Sportwissenschaftler an der Bergischen Universität Wuppertal und Leiter der Arbeitsgruppe „Schmerz und Bewegung“. Du verbrennst Kalorien, baust Stress ab. Das Risiko, am Herzen oder an Krebs zu erkranken, sinkt. Dr. Fabian Tomschi gibt Tipps, wie du deinen inneren Schweinhund überwindest und verrät, wann es ratsam ist, kein oder ein E-Bike zu nutzen.

Vielen Leuten fällt es schwer, sich morgens aufs Rad zu schwingen. Wie sporne ich mich an?

Dr. Fabian Tomschi: Man sollte daran denken, dass der Arbeitsweg ein notwendiges Übel ist. Gleichzeitig hast du vielleicht wenig Freizeit, um Sport zu machen. Der Arbeitsweg ist eine tolle Gelegenheit, etwas für deine Gesundheit zu tun. Fülle ihn mit Radfahren. Beginne mit kleinen Strecken. Fahre zum Beispiel zum Bahnhof. Oder zur Bushaltestelle. In westeuropäischen Ländern sitzen wir leider viel zu viel! Das führt zu vielen gesundheitlichen Problemen, die zum Teil sehr schwer ausfallen können. Dein Körper hat also jeden Tag eine Sitzpause verdient!

Von wie viel Zeit am Tag sprechen wir?

Dr. Fabian Tomschi: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt Bewegungsempfehlungen: Sie rät Erwachsenen eine „moderate Körperaktivität“ von 150 bis 300 Minuten pro Woche. Das klingt erst mal viel. Aber wenn du von Montag bis Freitag zwei Mal pro Tag 30 Minuten Rad fährst, macht das 300 Minuten pro Woche. In dem Fall lassen sich laut WHO „signifikante Gesundheitsvorteile“ ableiten. Risiken sinken deutlich. Die Wahrscheinlichkeit, eine koronare Herzerkrankung, Stoffwechselerkrankung wie Diabetes oder Bluthochdruck zu entwickeln, wird auf Dauer immer geringer. Eine moderate Körperaktivität wie Radfahren sorgt sogar dafür, dass das Krebsrisiko erheblich sinkt. Bewegung gilt als entscheidender präventiver Faktor, um Krebserkrankungen vorzubeugen.

Mal mal ein Daumenkino! Denn Kritzeln macht schlau und entspannt die Augen im Homeschooling. Spannende Fakten zum Daumenkino und viele gute Tipps für deine Homeschooling-Fitness gibt’s hier in unserem Blog.

Stundenlang auf den Bildschirm starren: Viele von euch können seit einigen Monaten ein Lied davon singen. Kein Wunder, dass da die Gedanken schon mal abschweifen … und warum auch nicht? Kritzel doch mal auf einem Blatt nebenher, während du zum Beispiel Englischvokabeln paukst.

Kritzeln, auch doodeln genannt, entspannt und hilft euch tatsächlich bei der Konzentration. Das Kritzeln aktiviert die fürs Kreative zuständige rechte Gehirnhälfte. Gemeinsam können beide Gehirnhälften langweilige Informationen viel besser verarbeiten. Was nicht heißen soll, dass Englisch langweilig wäre – nur dass du dir vielleicht die Vokabeln so besser merken kannst!

Ein Daumenkino ist eine andere witzige Idee zum nebenher Kritzeln. Ein paar gleich große Zettel und ein Bild, das sich von Blatt zu Blatt ein klein wenig verändert – da lässt sich schon eine Menge draus machen. Tackere oder kleb die Zettel am linken Rand zusammen und blättere sie dann mit dem rechten Daumen schnell hintereinander ab. Keine Idee fürs Motiv? Unser Oli ist ein super Daumenkinostar!

Was passiert mit meinem Körper, wenn ich Rad fahre?

Dr. Fabian Tomschi: „Gesundheit“ ist ein großer Begriff. Schauen wir uns mal ein paar Aspekte genauer an. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf einen 30 Minuten langen Arbeitsweg (bzw. 60 Minuten hin und zurück) auf einem Fahrrad ohne Motor (mehr zu E-Bikes weiter unten).

  • Dein Gewicht.

Ein 90 Kilogramm schwerer Mann verbraucht nach einer Stunde Radfahren auf ebener Strecke 315 Kalorien, eine 60 Kilogramm schwere Frau 210 Kalorien. In einem Monat macht das 6300 Kalorien beim Mann, 4200 bei der Frau bei einer Stunde Radeln täglich von montags bis freitags. Wir sprechen hier vom gemütlichen Fahren ohne Eile.

Wer zügig fährt und den ein oder anderen Hügel im Bergischen Land bezwingt, verbrennt noch mehr Energie: Beim 90 Kilo schweren Mann sind es pro Stunde 612 Kalorien, bei der 60 Kilo schweren Frau 408 Kalorien. Hier erreicht man nach einem Monat bemerkenswerte Zahlen: Der Mann würde mehr als 12000 Kalorien verbrauchen, die Frau mehr als 8000 Kalorien. Dazu eine weitere interessante Zahl für alle, die Gewicht verlieren möchten: Um ein Gramm Fett zu verbrennen, müssen wir um die 7,7 Kalorien verbrauchen. Verbrauchst du 7700 Kalorien pro Monat, weil du mit dem Rad zügig und über einige Hügel fährst, verbrennst du sage und schreibe ein Kilogramm Körperfett! Das ist umso erstaunlicher, wenn du berücksichtigst, dass du deinen Arbeitsweg ja ohnehin hinter dich bringen musst.

  • Deine Muskeln.

Ab dem 30. Lebensjahr verlieren wir pro Jahr bis zu ein Prozent Muskelmasse. Muskeln verwandeln sich in Fett. Das hängt unter anderem mit Umstellungen im Körper zusammen. Allerdings bezeichnet man „Sarkopenie“ – den weitverbreiteten altersbedingten Abbau und Schwund von Muskeln – als Zivilisationskrankheit: Zu viele Menschen bewegen sich zu wenig. Radfahren kann der Sarkopenie stark entgegenwirken. Wer regelmäßig in die Pedale tritt, stärkt die Muskeln und ist im Alter beweglicher und stürzt seltener. Ab dem 70. Lebensjahr sind Sarkopenie bedingte Stürze und Knochenbrüche ein verbreitetes Problem.

  • Deine Abwehrkräfte.

Deine Abwehrkräfte reagieren auf Fremdstoffe. Sie halten zum Beispiel bakterielle oder virale Infekte von deinem Körper ab. Bewegung ist der beste Schutz, sofern sie richtig angewandt wird. Das Infektionsrisiko einer Couch-Potato ist erhöht. Treibst du moderat Sport, sinkt das Risiko und du bist gut gegen Infekte geschützt. Wer es allerdings übertreibt, ist wiederum sehr anfällig für Infekte. Du tust dir keinen Gefallen, wenn du im untrainierten Zustand deinen Körper überforderst. Daher gilt: Langsam anfangen und es am Anfang nicht übertreiben.

Dein Körper produziert beim Sport entzündungshemmende Botenstoffe. Auch das macht dich weniger anfällig für Erkrankungen. Beim Sport werden körpereigene Enzyme aktiviert, die die sogenannte „antioxidative“ Leistung erhöhen. Das ist wichtig, denn körpereigene Antioxidantien bekämpfen bösartige freie Radikale, die unter anderem verantwortlich sind für Krebs und Alzheimer.

  • Dein Gehirn.

Alltäglicher Sport fördert deine kognitive Leistung. Synaptische Verbindungen entstehen, die logisches, strukturiertes, aber auch kreatives Denken fördern. Auf der Arbeit kommen wir geistig erfrischt an.

  • Glücksgefühle statt Stress.

Das Radfahren auf dem Heimweg baut Stress ab. Wir schütten bereits bei leichter Körperaktivität Glückshormone wie Serotonin und Endorphine aus. Wir fühlen uns abends frischer, erholter und glücklicher.

Wann ist das Fahren von E-Bikes sinnvoll? Wann sollte ich auf einen Motor verzichten?

Dr. Fabian Tomschi: Ich rate gesunden, sportfaulen Menschen, auf ebenen Strecken mit Rädern ohne Motor zu fahren. Oder auf einem E-Bike wenigstens den Eco-Modus zu nutzen. Ich bezweifle, dass eine volle Motorleistung am Rhein entlang im Sinne der WHO ist. Bei Einschränkungen sieht das anders aus. Bei Gelenkerkrankungen sollte zum Beispiel nicht viel Druck aufs Kniegelenk ausgeübt werden. Wer am Herzen erkrankt ist, darf sich nicht überanstrengen. Den Fahrtbeginn und das Bergraufradeln mit einem Motor anzustoßen, ist da sehr sinnvoll. Bei uns im Bergischen Land bieten E-Bikes eine nie da gewesene Unterstützung sowohl für Menschen mit Einschränkungen als auch für Gesunde, die es Überwindung kostet, sich mehr zu bewegen. Es sind nicht so viele Kalorien wie auf einem Rad ohne Motor, aber du verbrennst dennoch Energie. Du bist an der frischen Luft, bewegst dich – und oben am Berg angekommen, nimmst du die volle Leistung des Motors raus. Du erreichst damit eine Bewegungsintensität, die für die Empfehlungen der WHO ausreicht.

Dr. Fabian Tomschi

  • Promovierter Sportwissenschaftler an der Bergische Universität Wuppertal
  • Lehrstuhl für Sportmedizin
  • Leiter der Arbeitsgruppe „Schmerz und Bewegung“

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