Schlaf empfinden viele Menschen als Zeitverschwendung, sagt Schlaftrainer Bjoern Steinbrink. Der Wuppertaler bietet Kurse und Coachings an: FIT FOR SLEEP heißt das 95-tägige, wissenschaftlich validierte Schlaftraining mit zehn Kurseinheiten – für Gruppen oder Einzelpersonen. Steinbrink ist außerdem offizieller Schlafcoach des Handball-Erstligisten Bergischer HC. Im Interview erläutert er, warum wir unseren Schlaf mehr wertschätzen sollen, und er gibt wertvolle Tipps.

Welchem Schlaf-Mythos begegnen Sie am häufigsten?

Bjoern Steinbrink: „Ich schlafe sehr gut, denn ich kann überall schlafen!“ Wenn sich damit jemand brüstet, erwidere ich: Leider irren Sie sich. Dass Sie überall sofort einschlafen können, ist ein deutliches Zeichen dafür, das Sie völlig übermüdet sind und Ihre Schlafqualität katastrophal ist. Der Glaube „Schlaf passiert einfach“ ist weit verbreitet. Wir messen ihm nicht den Wert bei, den unser Schlaf verdient. Ohne Regeneration, also die nötige Erholung, kommen wir im besten Fall nicht weiter, im schlimmsten Fall werden wir krank.

Schlafen wir immer schlechter?

Bjoern Steinbrink: Ja, allerdings ist das schon länger der Fall. Unser modernes Schlafverhalten hat nichts mehr damit zu tun, wie uns die Evolution geprägt hat. Stellen Sie sich die Geschichte des Menschen als einen Jahresplaner vor. Erst am 31. Dezember um 18.23 Uhr ging das Licht an: Die Industrialisierung und die Erfindung des elektrischen Lichts haben Arbeitswelt und Alltag völlig verändert. Das ganze Jahr lang bleibt der Tag-Nacht-Rhythmus gleich. Am letzten Abend ändert er sich schlagartig. Die Menschen sind heutzutage zu Uhrzeiten aktiv, zu denen sie früher selbstverständlich schliefen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung?

Bjoern Steinbrink: Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt und unseren Alltag extrem beschleunigt. „Wenn du schläfst, bist du nicht wirtschaftlich“: Von allen Seiten prasselt diese Botschaft auf uns ein.  Smartphones lenken uns permanent ab, geben uns das Gefühl, nur wenn wir wach und aktiv sind, etwas zu leisten, etwas wert zu sein. Schlaf wird leider oft als Zeitverschwendung empfunden.

Wir unterschätzen also unseren Schlaf?

Bjoern Steinbrink: Ja. Unsere Vorfahren hatten nach einem Stressreiz eine Regenerationsphase. Wir haben deutlich mehr „Säbelzahntiger“ im übertragenen Sinn – Autolärm, Sirenen, Push-Benachrichtigungen, Fernseher. Die Stressreaktionen im Körper sind die Gleichen geblieben. Zu viele chronische Alarmreize, gleichzeitig zu wenig Regeneration. Das trägt zu Erkrankungen bei, wie etwa Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Krebs. Schlaf passiert nicht einfach so. Wir brauchen qualitativ hochwertigen Schlaf, um uns ausreichend zu regenerieren. Für ihn sollten wir Gutes tun.

Was können wir tun für einen gesunden Schlaf?

Bjoern Steinbrink:

  • Rhythmus

Unser Körper freut sich über Regelmäßigkeit, also über festgelegte Uhrzeiten zum täglichen Aufstehen und Zubettgehen. Wenn ich irgendwann aufstehe und irgendwann ins Bett gehe, hat das einen schlechten Einfluss auf die Schlafqualität.

  • Rituale

Tägliche Rituale am Morgen und am Abend. Nutzen Sie die ersten 90 Minuten nach dem Aufstehen dazu, langsam hochfahren. Vermeiden Sie Stressreize. Essen Sie Frühstück und Abendbrot zu festgelegten Uhrzeiten in Ruhe. Ideal sind 15 bis 20 Minuten, damit der Körper Energie tanken kann. Aber auch wenn es nur fünf Minuten sind: nur sitzen und essen. Handy aus. Fahren Sie sich abends 90 Minuten runter, bevor Sie zu Bett gehen. Wenn Sie Rituale wiederholen, fängt der Körper an, zu einer bestimmten Uhrzeit Schlafhormone auszuschütten. Wir können uns programmieren.

  • Sport zu später Uhrzeit meiden

Sport wirkt sich zu später Uhrzeit schlecht auf den Schlaf aus. Legen Sie ihre Einschlafzeit fest und ziehen Sie 180 Minuten ab. In den 180 Minuten stecken zwei Zyklen: 90 Minuten ohne Belastung und weitere 90 Minuten, um zur Ruhe zu kommen. Dann kann vor allem ein moderates Training im niedrigen Puls-Bereich am Abend an der frischen Luft wohltuend sein.

  • Schlafzimmer als „Höhle“

Auch wir modernen Menschen brauchen unsere „Höhle“. Lassen Sie im Schlafzimmer keine Kartons, keine Wäsche, die sie noch falten möchten, rumliegen. Lichtverhältnisse: Erhält unser Körper hohe Blau-Anteile, denkt er, es ist Tag. Der Körper bekommt nicht genug Melatonin. Nachttischlampe? Okay. Geräte abschalten, die Licht erzeugen, wie Mehrfachsteckdosen. Wer auf einen Fernseher im Schlafzimmer nicht verzichten möchte, sollte das LED-Licht abdecken. Das kann sonst nachts den Schlaf rauben. Timer nutzen, um den Fernseher nicht mitten in der Nacht ausschalten zu müssen.

  • Am Abend Fiktion statt Realität

Achten Sie darauf, was Sie sich vor dem Schlafengehen im Fernsehen anschauen, mit welchen Themen Sie sich beschäftigen: Krimi, Nachrichten oder Talkshow sind nicht zu empfehlen. Sie beschäftigen einen nachhaltig. Lieber Science-Fiction oder Fantasy.

Was sollten Sporttreibende wissen?

Bjoern Steinbrink: Sporttreibende unterschätzen häufig den Stress, den intensive Belastung im Körper auslöst. Die Regeneration und den Trainingseffekt im Schlaf lassen sie oft außer Acht. Dabei trainieren sie während der Regeneration mehr als im Sport-Training. Ziel des Schlaftrainings FIT FOR SLEEP, das ich auch speziell für Sporttreibende anbiete, ist unter anderem, dass nächtliche Regenerations-, Reparatur- und Wachstumsprozesse ungestört ablaufen. Man wird weniger anfällig für Verletzungen. Die Muskulatur erholt sich besser, die Koordinationsfähigkeit nimmt zu.

Müssen wir nicht auch unseren Lebensstil ändern, um besser zu schlafen?

Bjoern Steinbrink: Ich möchte niemandem vorschreiben, wie er sein Leben umkrempeln soll. Es ist ein großer Schritt, wenn man erkennt, dass der eigene Schlaf wichtig ist. Fünf dauerhafte kleine Veränderungen können viel bewirken. Das Smartphone beim Essen auszuschalten, ist ein guter Anfang. Sie haben Ihren Körper über Jahre so programmiert, wie er heute ist. Geben Sie ihm Zeit, ein paar Schritte zurückzugehen.

 

Mal mal ein Daumenkino! Denn Kritzeln macht schlau und entspannt die Augen im Homeschooling. Spannende Fakten zum Daumenkino und viele gute Tipps für deine Homeschooling-Fitness gibt’s hier in unserem Blog.

Stundenlang auf den Bildschirm starren: Viele von euch können seit einigen Monaten ein Lied davon singen. Kein Wunder, dass da die Gedanken schon mal abschweifen … und warum auch nicht? Kritzel doch mal auf einem Blatt nebenher, während du zum Beispiel Englischvokabeln paukst.

Kritzeln, auch doodeln genannt, entspannt und hilft euch tatsächlich bei der Konzentration. Das Kritzeln aktiviert die fürs Kreative zuständige rechte Gehirnhälfte. Gemeinsam können beide Gehirnhälften langweilige Informationen viel besser verarbeiten. Was nicht heißen soll, dass Englisch langweilig wäre – nur dass du dir vielleicht die Vokabeln so besser merken kannst!

Ein Daumenkino ist eine andere witzige Idee zum nebenher Kritzeln. Ein paar gleich große Zettel und ein Bild, das sich von Blatt zu Blatt ein klein wenig verändert – da lässt sich schon eine Menge draus machen. Tackere oder kleb die Zettel am linken Rand zusammen und blättere sie dann mit dem rechten Daumen schnell hintereinander ab. Keine Idee fürs Motiv? Unser Oli ist ein super Daumenkinostar!

Foto: Malte Reiter

Björn Steinbrink