Eine Gruppe Frauen steht zusammen und mache halten Blumensträuße.

Frauenberatungsstellen:

Anlaufstelle für alle Fälle

Wenn frau nicht mehr weiter weiß:

Frauenberatungsstellen unterstützen in allen schwierigen Lebenslagen

Auch in Zeiten von Corona sind die Frauenberatungsstellen da, wenn es um schnelle Hilfe in Konfliktsituationen geht – und die gibt es gerade jetzt zuhauf. Die Anlaufstellen beraten, vermitteln und stabilisieren. Ab September starten die BERGISCHE und die Beratungsstelle Wuppertal ein brandneues Programm.

Wer Beate Standop fragt, für wen die Frauenberatungsstelle da ist, bekommt eine ebenso einfache wie umfassende Antwort: „Willkommen sind bei uns alle Frauen und Mädchen ab 16 Jahren, die eine Ansprechperson für ihre Fragen und Probleme suchen.“ Naja, alle – wirklich?! „Manche Frauen denken, sie können nur hier her kommen, wenn sie von Gewalt betroffen sind. Aber das stimmt nicht. Wir sind für alle Frauen da“, bestätigt die Beraterin, die zum Team der Frauenberatung Solingen gehört. „Wir sind offen für alle frauenrelevanten Themen“, führt sie aus. „Unsere Beratungen sind kostenlos, vertraulich und auf Wunsch auch anonym.“ Wenn nötig, können Gespräche auch mithilfe einer Übersetzerin stattfinden.

Im Wesentlichen gilt das so für alle Frauenberatungsstellen, die es in allen größeren Städten Deutschlands gibt. Auch im Einzugsgebiet der BERGISCHEN. Hier sind es vor allem die Stellen in Solingen und Wuppertal, zu denen der Soziale Dienst der BERGISCHEN Krankenkasse häufig Frauen vermittelt. Für Simone Haferkorn, die den Sozialen Dienst für die BERGISCHE versieht, sind Beate Standop von der Frauenberatung Solingen und Sabine Böse von der Wuppertaler FrauenBeratungsstelle daher wichtige Kontaktpersonen.

Haferkorn greift bei ihrer Arbeit für den Sozialen Dienst oft auf die Hilfe der Frauenberatungsstellen zurück. Sie schätzt deren Angebot und die breite Vernetzung, die ein schnelles Eingreifen ermöglichen, wenn Not an der Frau ist. „Die Frauenberatungsstellen können frühzeitig intervenieren und so manchen schweren Krankheitsverlauf verhindern. In den Beratungsstellen finde ich oft sehr gute und passgenau zugeschnittene Angebote für die Frauen – zum Beispiel bei Trennung und Scheidung. Nicht in jeder Lebenssituation ist gleich eine Psychotherapie notwendig.“ Auf der anderen Seite lassen sich auch Wartezeiten auf eine Reha oder einen Psychotherapieplatz mit den stabilisierenden Angeboten der Frauenberatungsstellen gut überbrücken.

Das ist auch deshalb möglich, weil die Angebote der Beratungsstellen nicht erst beantragt werden müssen. Die Beratungen sind immer kostenfrei, auf Wunsch anonym, und es gibt keine langen Wartezeiten. Beate Standop bestätigt für Solingen: „Jede Frau bekommt bei uns innerhalb von zwei Wochen einen Termin.“ Wie lange eine Beratung geht, einmalig oder über mehrere Monate, hängt ganz vom Einzelfall ab. „Die Frauen geben quasi den Auftrag, bei welchen Themen sie Unterstützung haben möchten“, formuliert die Sozialpädagogin.

In erster Linie bieten die Frauenberatungsstellen psychosoziale Beratung an. Das heißt: Frauen in schwierigen Lebenssituationen erfahren Unterstützung und werden begleitet. Neben den eigenen Angeboten informieren die kommunal und landesweit gut vernetzten Frauenberatungsstellen auch über andere hilfreiche Ressourcen. Das können spezialisierte Anlaufstellen sein, Selbsthilfegruppen, oder Kontaktstellen zum Beispiel für rechtliche Angelegenheiten. Eine Therapie bieten die Beratungsstellen dagegen explizit nicht an – sie sind einfach erste Ansprechperson in Krisensituationen.

Offen für alle Lebensthemen – auch im Alter

Die Gründe, warum Frauen Hilfe suchen, sind vielfältig. Probleme in der Partnerschaft, häusliche und/oder sexualisierte Gewalt, Mobbing, Stalking, Essstörungen vor allem bei jungen Frauen, spezielle Migrations- und Fluchterfahrungen, Trennungs- und Scheidungssituationen gehören dazu. Aber auch Alleinerziehende, die unter der Belastung leiden, bis hin zu pflegenden oder älteren Frauen mit deren jeweils speziellen Bedürfnissen gehören zum Klientel. Bei älteren Frauen, führt Standop aus, gehe es um Unterstützung, „wenn sie ihr Lebenswerk, ihre Erfahrungen, die sie gemacht haben, und traumatische Erlebnisse aufarbeiten wollen. Erinnerungen an schwierige Ereignisse, an Krieg, an Gewalt, ihre aktuellen Lebensthemen, Verlust eines Partners und so weiter“ – all dies müsse verarbeitet werden.

Genau so vielfältig wie die Sorgen sind auch die, die deswegen Beratung suchen. Standop erzählt: „Zu uns kommen junge Frauen, ältere, Frauen mit allen Themen, es zieht sich durch alle Schichten und alle Altersgruppen.“ Gehe es um jüngere Mädchen unter 16, seien es die Mütter, die eine Beratung suchten. Für alle gleich gelte aber: „Wir sind erstmal offen für alle Lebensthemen von Frauen.“

Essstörung, Gewalt – und ein besonderes Angebot

Gewalt und sexualisierte Gewalt sind ein großer Schwerpunkt aller Frauenberatungsstellen in NRW. In Wuppertal haben rund die Hälfte der Frauen, die hier Hilfe suchen, häusliche oder sexualisierte Gewalt erlebt. Nicht alle Frauen, die Opfer sexueller Übergriffe werden, können oder wollen in der akuten Situation gleich Anzeige erstatten. Deshalb gibt es in Wuppertal bereits seit 2018 die „Anonyme Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt (ASS)“. In Solingen ist das Angebot im Aufbau. Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind, können sich in der Wuppertaler Uniklinik medizinisch versorgen sowie die Beweise und Spuren der Tat sichern und aufbewahren lassen. Entscheiden sie sich später, Anzeige zu erstatten, können die gesicherten Spuren noch bis zu zehn Jahre lang im Strafverfahren verwendet werden. Ob und wann die Frauen Anzeige erstatten, bestimmen sie zu jeder Zeit selbst.

Ein weiterer Schwerpunkt der Frauenberatungsstellen liegt auf Essstörungen. „Das betrifft zum einen die jungen Frauen ab 16 Jahren“, schildert die Wuppertaler Beraterin Sabine Böse, „oft rufen aber auch Mütter an, deren Töchter jünger sind. Dann ist ein systemischer Ansatz gefordert, und wir arbeiten eng mit den niedergelassenen Familienberatungsstellen zusammen.“ Hier sei besonders wichtig, dass es schnell geht, so Böse: „weil eine Essstörung, wenn sie länger nicht entdeckt und therapeutisch bearbeitet wird, chronifizieren kann. Und beim Thema Anorexie ist es ganz wichtig, dass die Frauen und Mädchen besonders schnell bei einem gesundheitlich bedrohlichen Zustand Hilfe bekommen.“

Aus diesem Grund sind die Frauenberatungsstelle Wuppertal und auch Simone Haferkorn im Wuppertaler Forum Essstörung engagiert. Hier vernetzen sich die lokalen Akteure und stellen kurze Wege im Behandlungsprozess sicher. Das Forum dient dem fachlichen Austausch untereinander. Zudem verhilft das Networking den Beteiligten zu einer stärkeren Position, wenn es darum geht, auf die Politik einzuwirken und notwendige Veränderungen anzustoßen. So fehle es bei medizinischem Personal beispielsweise häufig noch am speziellen Wissen rund um Essstörungen, etwa wie Magersüchtige richtig gewogen werden müssen. Am 23. September soll das 15-jährige Jubiläum des Forums gefeiert werden – aber ob das stattfinden kann, hängt vom Verlauf der Corona-Situation ab.

Beratung während Corona ist Herausforderung und Chance zugleich

Überhaupt wirft der durch die Corona-Epidemie bedingte Ausnahmezustand die Arbeit der Frauenberatungsstellen ganz schön durcheinander. Die setzen bei ihrer Arbeit normalerweise verstärkt auf Gruppenangebote. Damit fühlen sich viele Frauen besonders wohl, erklärt Böse: „Gruppenangebote sind für Frauen ein großer Halt, weil sie wissen, anderen geht es genauso wie mir.“

Jetzt, zu Zeiten von Corona, ist das natürlich anders. Offene Sprechstunden oder Gruppen können nicht stattfinden – es sei denn per Telefon oder Videokonferenz. „Die Frauen können jederzeit bei uns anrufen. Außerdem setzen wir jetzt viel mehr auf den virtuellen und digitalen Bereich. Zum Beispiel bieten wir Chat- und Onlineberatung an. Da müssen wir jetzt aufrüsten, auch technisch.“ Doch Böse sieht darin Chancen: „Es ist aber sicherlich auch sehr zukunftsweisend. Für junge Frauen ist das ja etwas Vertrautes, womit sie ständig arbeiten.“ Trotzdem bedauert sie, dass die persönliche Beratung vor Ort gerade nur eingeschränkt stattfinden kann. Nicht zuletzt, weil die Beratungsstelle für die Frauen auch einen sicheren Rückzugsort bedeutet, wo sie frei sprechen können. „Bei uns beraten Frauen Frauen nach den Grundsätzen der Parteilichkeit. Wir versuchen gemeinsam Lösungswege zu finden und das weitere Vorgehen zu planen. Die Beratung ist anonym, kostenfrei und es gilt die Schweigepflicht“, betont Böse.

Fachleute rechnen damit, dass die durch Corona bedingte Ausnahmesituation zu einem Anstieg von häuslicher Gewalt führen wird. Die häusliche Situation ist bei vielen beengter als sonst, wenn alle statt in Schule, Kindergarten und Arbeit in der Wohnung bleiben müssen. Hinzukommt die gefühlte Bedrohung durch die Krankheit Covid-19 einerseits und durch einen möglichen Jobverlust auf der anderen Seite. „Wir wissen, dass Frauen mit ihren Männern alleine sind, sie sind jetzt mit ihren Kindern beschäftigt und nicht unbeobachtet. Ich denke, wenn sich das Alltagsleben wieder normalisiert hat, wird es einen großen Run geben, wenn die Frauen das aufarbeiten“, prognostiziert Böse.

„Gesunder und Achtsamer Umgang mit mir selbst“

Auch dann kommt möglicherweise ein neues Programm wie gerufen, dass Haferkorn und Böse gemeinsam aufgestellt haben. Das Thema: „Gesunder und achtsamer Umgang mit mir selbst.“ Es richtet sich an Frauen in belastenden Situationen, die darin lernen, „wie sie sich selbst eine gute Freundin sein können“, so Böse. Die Pädagogin führt aus: „Dabei geht es um Selbstmitgefühl: Wie kann ich mich selbst gut versorgen? Nicht nur basal, also mit Essen, einen sicheren Ort zu haben, Körper und Geist – sondern wie kann ich für mich auch innere Orte schaffen, mich zum Beispiel selbst trösten?“

Das Programm in der Wuppertaler FrauenBeratungsstelle startet am 5. September 2020.
 

Das Angebot der Frauenberatungsstellen umfasst (je nach Standort etwas unterschiedlich, einzelne Angebote nicht während Corona):

  • Telefonische, persönliche und offene Beratung
  • Einzelberatung nach Termin
  • Krisenintervention
  • Vermittlung an spezialisierte Institutionen und Einrichtungen
  • Unterstützung beim Aufbau von Selbsthilfegruppen
  • Fortbildungen und Informationsveranstaltungen, zum Beispiel zur Gewaltprävention, sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Essstörungen und anderen frauenspezifischen Themen
  • Beratung von Fachkräften
  • Fachberatung für ältere und pflegende Frauen
  • Fachlich geleitete Gruppen

Aktuell in Solingen:

  • Frauen in Trennungs- und Scheidungssituationen
  • Frauen mit chronischen psychischen Erkrankungen
  • Junge Frauen mit Essstörungen
  • Frauen 60+
  • Pflegende Angehörige

Aktuell in Wuppertal:

  • Offene Stabilisierungsgruppe
  • Frauengarten
  • Frauen-Singkreis
  • Körperbildgruppe für Frauen mit Essstörungen
  • Mütter-Coaching
  • Rechtssprechstunde (Solingen): zweimal im Monat eine ehrenamtliche Rechtsberatung durch zwei Solinger Anwältinnen (auf Vormerkung, einmalig kostenlos)
  • Rechtsinformationen in Kooperation mit Wuppertaler Anwältinnen (zweimal im Monat)
  • Feministische Beratung  (Wuppertal)
Eine Gruppe Frauen mit einem Hund.

Sie möchten spenden?

Finanziert werden die Beratungsstellen teils vom Land, teils durch städtische Zuschüsse. Dazu müssen sie einen Eigenanteil beitragen und sind daher auf Spenden angewiesen.

Für Solingen:

Frauen helfen Frauen e.V.
Stichwort Frauenberatungsstelle
Stadt-Sparkasse Solingen
IBAN DE 673425 000 000 000 38398
BIC SOL SDE 33 XXX

Für Wuppertal:

FrauenBeratung + Selbsthilfe e.V.
Stadtsparkasse Wuppertal
IBAN DE13 3305 0000 0000 9187 30

Kontakt Frauenberatungsstelle Solingen

Telefonische Sprechstunden
Tel.: 0212 – 5 54 70

Montags 9:00 – 10:30 Uhr
Mittwochs 13:00 – 14:30 Uhr
Freitags 09:00 – 10:30 Uhr
info@frauenberatung-sg.de
www.frauenberatung-sg.de

Kontakt FrauenBeratung Wuppertal

Telefonische Sprechstunden
Tel.: 0202 – 30 60 07

Montags, donnerstags 10:00 – 12:00 Uhr
Dienstag 16:00 - 18:00 Uhr
www.frauenberatungwuppertal.de

AutorinCarolin Kubo, BERGISCHE Krankenkasse

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